Einen Erdofen bauen: So funktioniert es
Malerisches Blattwerk, der wohltuende Duft von zarten Tannennadeln und das leise Knirschen beim Betreten von frischem Holz: Ein Ausflug ins Grüne ist zu jeder Jahreszeit eine willkommene Abwechslung. Und auch der Geschmackssinn muss bei deinem kleinen Abstecher in die freie Natur nicht auf der St...
Malerisches Blattwerk, der wohltuende Duft von zarten Tannennadeln und das leise Knirschen beim Betreten von frischem Holz: Ein Ausflug ins Grüne ist zu jeder Jahreszeit eine willkommene Abwechslung. Und auch der Geschmackssinn muss bei deinem kleinen Abstecher in die freie Natur nicht auf der Strecke bleiben. Ob würziger Braten, knackiges Gemüse oder leckeres Brot – auch ohne Küche und Grill lassen sich allerlei Köstlichkeiten zubereiten. Wie das funktioniert?
Wir haben uns von Marco Plaß, Coach und Gründer von Wildnistraining Westerwald, in die Kunst des Erbauens eines Erdofens einweihen lassen. Der passionierte Naturliebhaber kennt sich bestens mit einer der ältesten Garmethoden aus und gibt dieses Wissen im Rahmen unterschiedlicher Kurse wie Outdoortrainings weiter. Erfahre in diesem Artikel, wie du auch in deinem Garten einen Erdofen bauen kannst und auf welche Leckereien du dich anschließend freuen darfst.
Traditionell und ursprünglich – Kochen mit dem Undercover-Ofen
In Neuseeland nennt man ihn Hängi und in Hawaii spricht man von Imu. Hierzulande trägt er den weniger exotischen Namen Erdofen. Aber unabhängig von der Bezeichnung werden darin bereits seit vielen Jahrhunderten abwechslungsreiche Gerichte zubereitet. Doch was ist ein Erdofen überhaupt?
Ganz einfach: Es ist ein aus Naturmaterialien hergestellter Ofen, in dem du mit Ober- und Unterhitze Köstlichkeiten backen, garen und kochen kannst. Dabei kuscheln sich die Zutaten an die warmen Steine, bis sie bereit für den großen Genuss sind.
Die Erdofen-Bauanleitung: Zwei Varianten
Du hast Lust auf dieses besondere Kocherlebnis in der freien Natur und möchtest dich an das Experiment Erdofen wagen? Dann hast du unterschiedliche Möglichkeiten, diesen zu bauen. Für welche du dich letztendlich entscheidest, hängt dabei unter anderem von den Gegebenheiten vor Ort, deiner persönlichen Vorliebe und auch deiner Ausrüstung ab.
Unser Wildnisexperte Marco Plaß hat uns verschiedene Varianten beschrieben, die wir dir nachfolgend vorstellen.
#1 Feuer in der Grube – ein Ofen in der Erde
- Wie sagt man so schön: ohne Fleiß, kein Preis. Dies gilt auch für den Bau eines Erdofens und daher heißt es zu Beginn kräftig buddeln. Dabei hängt die Größe des benötigten Loches davon ab, was und wie viel du zubereiten willst.
Kleiner Tipp: Auch wenn der Einsatz mit dem Spaten ein wenig Muskelkraft erfordert, ist es ratsam mindestens 50 Zentimeter tief und breit zu schachten. Somit ist durchhalten angesagt.
- Anschließend gilt es, die Wände mit Erde oder Lehm auszukleiden. Es ist wichtig, dass dieser nicht zu bröselig ist. Alternativ kannst du in dein Erdloch eine Schicht Steine geben, auf die du später dein sicher verpacktes Grillgut legst.
- Natürlich funktioniert das Backen in der Grube mit Feuer. Daher darfst du nun das Flammenspiel entfachen. Am besten gelingt dies, wenn du das vorbereitete Loch mit unbehandelten Holzresten oder Buchenholz befüllst.
Kleiner Tipp: Falls du keine Äste einer massiven Buche zur Verfügung hast, kannst du auch auf anderes Holz ausweichen. Schau gerne noch einmal in unseren Blogbeitrag zum Thema Brennholz, um geeignetes Brennmaterial zum Anfeuern zu finden.
- Sobald die Flammen fröhlich tanzen, kannst du dich entspannt zurücklehnen und warten, bis nur noch die heiße Glut übrig ist.
Hinweis: Damit du dein Grillgut auch ordentlich durchgaren kannst, brauchst du ausreichend Glut. Ideal ist eine 15 - 20 cm dicke Glutschicht.
- Zu guter Letzt kommen weitere Steine oder eine Steinplatte darauf und schon ist dein Erdofen einsatzbereit. Achte bitte darauf, dass immer genügend Sauerstoff zuströmen kann.
#2 Einen Backofen bauen – Stein auf Stein
Steine bilden die Grundlage für den Erdofen
Auch wenn du keinen Spaten zur Hand hast, kannst du einen Erdofen bauen. Vielleicht führt dich Marcos zweite Methode zum Erfolg. Folge einfach den untenstehenden Schritten:
- Bevor du beginnst, deinen Backofen aus Naturmaterialien zu bauen, darfst du dich zunächst auf Sammeltour begeben und ausreichend große Steine organisieren.
Wichtig: Deine gesammelten Schätze sollten nicht zu nass sein, damit sie später beim Anfeuern nicht platzen.
- Dann kannst du die Baustelle eröffnen und die Steine im Halbkreis übereinander schichten. Zwischenräume füllst du später am besten mit ein paar Grasnarben aus. Und fertig ist die Brennkammer.
- Als Nächstes startest du den Bau der Backkammer, die durch eine Zwischendecke aus flachen Steinen, etwa Schiefer, mit dem unteren Teil deines Erdofens verbunden wird. Auch in diesem Fall werden Steine in Form eines Halbkreises übereinander gestapelt.
- Nachdem der Rohbau steht, sorge für die Dämmung und bedecke das steinerne Bauwerk mit reichlich Erde. Eventuelle Lücken kannst du wieder mit Grasnarben füllen.
- Feuer an und losgeht es.
Leckeres aus dem Erdofen – Rezepte und Ideen zum Schlemmen
Auch ein leckeres Brot lässt sich im Erdofen zubereiten
Vielleicht fragst du dich jetzt, womit du deinen fertigen Naturgrill am besten befüllen kannst. Sei kreativ, denn grundsätzlich funktioniert alles, was du auch im Backofen in der heimischen Küche zubereitest, so Marco Plaß. Ob Geflügel, Rinderbraten, Schweinenacken oder Gemüse wie Kürbis und Kartoffeln: Deiner Experimentierfreude sind dabei keine Grenzen gesetzt. Sogar Pizza und frisch gebackene Fladen sind möglich.
Kleiner Tipp: Insbesondere bei der Zubereitung deiner Speisen in der Erdgrube empfiehlt es sich, dein Grillgut gut in Alufolie oder nicht giftige Blätter einzuwickeln, damit sie später nicht nur ein erdiges Aroma annehmen.
Genuss aus der Natur: Wie lange dauert die Zubereitung?
Zugegeben, das Garen in einem Erdofen ist etwas zeitintensiver, denn je nach Grillgut kann es mehrere Stunden dauern, bis du dein fertiges Gericht genießen kannst. Wenn du deine Gäste beim nächsten Mal mit einem traditionell gegarten Braten verwöhnen möchtest, vergiss bitte nicht diese Zeit in die Vorbereitung einzukalkulieren. Durch das langsame Garen, wird dein Gericht aber in der Slow Cookig Manier intensiver im Geschmack.
Folgende Richtwerte helfen dir dabei:
- Fleisch benötigt am Stück zwischen vier und sechs Stunden, bis es serviert werden kann.
- Die vegetarische Beilage kannst du meist nach etwa 40 Minuten ausbuddeln und
- Für Fisch plane am besten eine Garzeit von etwa 40 bis 50 Minuten ein.
Rezeptideen für den Erdofen
Auch wenn diese ursprüngliche Art zu grillen und kochen gewiss nichts für spontane Gartenpartys ist, so lohnt sich das außergewöhnliche Event. Wir haben ein paar geschmackliche Highlights für dich zusammengestellt, deren einzigartiges Aroma dich für die Wartezeit entschädigt. Ausprobieren ist unbedingt erwünscht.
- Wie wäre es mit einem klassischen Schweinebraten, aber dieses Mal aus der Grube und nicht dem Bräter? Serviert mit einer herzhaften Beilage werden deine Liebsten dahinschmelzen.
- Besonders lecker und für viele hungrige Gäste geeignet ist ein saftiger Rinderbraten, der gemütlich in Weißkohl gewickelt in der Grube schlummert.
- Und zu guter Letzt ein Geheimrezept von Wildnisführer Marco Plaß: nussig, karamellige Fladen aus Eichelmehl.
Fladen aus Eichelmehl
Und so geht’s: Befreie die gesammelten Eicheln zunächst von ihrer Hülle und wässere sie einige Stunden. Wenn du unterwegs bist, kannst du die Eicheln zum Beispiel in einer Socke in fließendes Gewässer halten.
Für die schnellere Variante kochst du sie mehrfach, bis sich das Wasser nicht mehr gelblich färbt. Nun brauchst du die weichen Baumfrüchte nur noch stampfen und mit den Händen zu kleinen Fladen formen und in deinem Ofen backen, bis sie goldbraun sind. Fertig ist der kleine Snack frisch aus der Natur.
Bist du bereit für das Abenteuer Erdofen?
Vielleicht hast du jetzt auch Lust bekommen und möchtest das nächste Menü für deine Liebsten in diesem natürlichen Ofen kredenzen. Kein Problem, denn du brauchst keinen Topf und musst außer dem Grillgut nichts einkaufen, da die Natur alle Materialien bereithält. Genau das schätzt auch unser Experte Marco so an der Zubereitung im Erdofen.
Natürlich benötigst du noch einen geeigneten Platz und genügend Zeit und das Kochevent kann beginnen. Wir empfehlen dir, deinen ersten Erdofen in deinem Garten zu bauen und nicht beim gemütlichen Spaziergang einfach loszubuddeln, da für dein Bauprojekt im Wald eine offizielle Genehmigung erforderlich ist. An die Schaufeln, fertig, los!
Titelbild von Marco Plaß. Weitere Bilder von Steven Weeks & Artem Kniaz
Über die Redaktion
Julia Baransky ist Content-Managerin bei inara schreibt. Technisches Know-how und strukturierte Lösungen sind Julias Stärken. Durch ihr analytisches Denkvermögen versteht sie Zusammenhänge wie keine andere. Mit ihren sorgfältig recherchierten Texten, nimmt sie dich mit auf die Reise in ferne Welten.